Eigene Grüntee-Stecklinge produzieren – was gilt es zu beachten? Mein 1. Versuch und meine Lessons Learned
In diesem Artikel gebe ich einen Einblick in meinen 1. Versuch, Grüntee-Stecklinge ("Camellia Sinensis") selbst herzustellen. Welche Theorie und Video-Tutorials habe ich studiert, was war meine Ausgangslage, wie ist das ganze abgelaufen und was herausgekommen war. War ich erfolgreich oder nicht und was waren am Schluss meine gewonnenen Erkenntnisse?
Theorie: Grüntee-Stecklinge erfolgreich zu ziehen
Hier ist eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, um Stecklinge von Grünteepflanzen zu produzieren:
1. Geeignete Mutterpflanze auswählen
Wähle eine gesunde und kräftige Teepflanze (Camellia sinensis) als Mutterpflanze. Achte darauf, dass sie frei von Krankheiten und Schädlingen ist, um die besten Voraussetzungen für kräftige Stecklinge zu schaffen.
2. Stecklinge schneiden
Schneide etwa 10–15 cm lange Triebe von der Mutterpflanze ab. Der ideale Zeitpunkt ist im Frühling oder Frühsommer, wenn die Pflanze aktiv wächst.
Wähle junge, grüne Triebe, da diese besser wurzeln als ältere, vollständig verholzte Zweige. Schneide dazu oberhalb vom braunen, verholzten Stamm
Unterteile die Triebe weiter, damit jeweils nur 1 Blatt pro Steckling hast. Dazu jeweils knapp oberhalb vom Blattansatz schneiden (z.B. mit einem Teppichmesser, welches Du vorher mit Putzsprit desinfiziert hast, um keine Krankheiten/Erreger zu übertragen)
3. Stecklinge vorbereiten
Tauche das untere Ende des Stecklings (bis zum Blattansatz) in Bewurzelungspulver (falls verfügbar), um die Wurzelbildung zu fördern.
Alternativ kannst du auch ein natürliches Bewurzelungshormon, wie Weidenwasser, verwenden.
4. Stecklinge einpflanzen
Fülle kleine Töpfe oder ein Anzuchtgefäss mit einer Mischung aus Sand und Torf (ca. 50/50) oder einer speziellen Anzuchterde.
Setze die Stecklinge bis zum Blattansatz in das Substrat in einem 45-Grad-Winkel (Blatt) ein. Dies ist wichtig, damit das Wasser nachher optimal zum Stamm fliesst.
Drücke das Substrat leicht an, sodass die Stecklinge stabil stehen.
5. Optimale Bedingungen schaffen
Halte das Substrat stets leicht feucht, jedoch nicht nass, da Staunässe Wurzelfäule verursachen kann.
Bedecke die Töpfe oder das Anzuchtgefäss mit einer durchsichtigen Plastiktüte oder einem Mini-Gewächshaus, um die Luftfeuchtigkeit hochzuhalten. Achte jedoch darauf, dass die Stecklinge regelmässig belüftet werden, um Schimmelbildung zu vermeiden.
Stelle die Stecklinge an einen hellen Standort, jedoch ohne direkte Sonneneinstrahlung, da diese die jungen Pflanzen schnell austrocknen kann.
6. Geduld und Pflege
Die Wurzelbildung kann einige Wochen bis Monate dauern. Achte darauf, dass das Substrat gleichmässig feucht bleibt, und entferne gelegentlich die Plastiktüte, um frische Luft zuzuführen und Schimmel vorzubeugen.
7. Umsetzen der bewurzelten Stecklinge
Sobald die Stecklinge kräftige Wurzeln entwickelt haben (nach etwa 8–12 Wochen), kannst du sie in grössere Töpfe oder direkt ins Freiland umpflanzen. Verwende dafür lockere, leicht saure Erde, da Grünteepflanzen leicht saure Böden bevorzugen.
Wichtige Hinweise
Temperatur: Grünteepflanzen bevorzugen Temperaturen zwischen 15 und 25 °C für das beste Wachstum. Vermeide Frost.
Licht: Helles, indirektes Licht ist optimal für Stecklinge.
Wasser: Halte die Luftfeuchtigkeit hoch, vermeide aber Staunässe im Substrat.
Geduld: Stecklinge brauchen Zeit und Aufmerksamkeit, bis sie sich gut entwickeln.
Video-Tutorials
Die nachfolgenden drei Videos der Table Rock Tea Company (Grünteefarm in den USA) sind sehr zu empfehlen:
Mein 1. Versuch im Detail
Ausgangslage
Mutterpflanze: «Winterharte Teepflanze Tea by me®» von Baldur
Pflanzungsort: Balkon in Zürich-Höngg / Schweiz
Jahreszeit: Ende Frühling (Juni 2024)
Ziel: 3-4 Stecklinge produzieren und Erfahrung in der Herstellung von Grüntee-Stecklingen sammeln, damit später erfolgreich eigene Grünteepflanzen aus Stecklingen gezogen werden können.
Vorbereitung und Start / Setup
Werkzeug / Utensilien
Wurzelpowder: «Cloneup Bewurzelungsgel (ca. 25 CHF bei Galaxus)
Teppichmesser (vorgängig mit Putzsprit gereinigt)
Erdmischung: Kakteenerde (ca. 50/50 Sand/Erde) und Kokos-Quelltabletten
Mini Anzuchthaus von Jumbo (günstige Plastikausführung mit Lüftungsschlitzen durch Biegung einstellbar), Anzuchthaus mit Kokos-Quelltabletten
Sprühflasche zur Bewässerung
Verlauf / Beobachtungen
Fotos der geschnittenen Stecklinge, welche ich kurz ins Wasser eingelegt hatte.
Stecklinge nach dem Einpflanzen in die Erde. 5 Stecklinge in Kokos-Quelltabletten ins Anzuchtshaus mit Deckel gesetzt. 8 Stecklinge in Töpfchen mit Kakteenerde, leider ohne Deckel (dazu mehr später):
Mutterpflanzen "Tea by me®" mit Stecklingen
Ich hatte danach täglich 1-2x mit der Sprühflasche und entkalktem Wasser (durch Brita gefiltertes Wasser) bewässert.
Stecklinge nach 4 Tagen – so weit sieht noch alles gut aus
Stecklinge nach 19 Tagen. Die Stecklinge, welche keinen Deckel hatten, sind aufgrund der tiefen Luftfeuchtigkeit eingegangen. Die Stecklinge in der Anzuchtbox lebten noch.
Ende: Der Versuch wurde nach ca. 2 1/2 Monaten abgebrochen, da nur noch 1 Steckling im Mini-Gewächshaus am Leben war, resp. noch ein grünes Blatt hatte. Da ich auch da sehr unsicher war, ob das Blatt einfach gut in der Erde steckt oder schon Wurzeln bekommen hat, wollte ich nachsehen (hatte noch keine Wurzeln) ...
Lessons Learned / gewonnene Erkenntnisse
Ich hatte die ersten Tage zu viel Frischluft zugelassen, die Lüftungsschlitze falsch eingestellt (hätten geschlossen sein sollen), da ich Angst vor Schimmel hatte.
Mein Mini-Anzuchthaus war zu wenig hoch und ich konnte die Luftzufuhr nicht fein genug einstellen. Aus diesem Grund ist zu viel Feuchtigkeit entwichen. Ich werde nächstes Mal ein höheres Mini-Gewächshaus verwenden, wie zum Beispiel der «Garland Large High Dome Propagator 37.5cm x 23cm x 18cm» erhältlich bei Galaxus für ca. 25 CHF
Bessere Aufzuchtserdmischung verwenden, keine Torf- oder Kokos-Quelltabletten mehr
Eventuell habe ich den Versuch zu früh abgebrochen, da ein Steckling noch immer grün und nicht lampig war. Der Steckling hätte eventuell einfach noch etwas mehr Zeit gebraucht. Als ich ihn nach 2-3 Monaten herausgezogen hatte, konnte ich jedoch keine Wurzelbildung erkennen. Es ist deshalb unklar, ob das noch zum Erfolg gekommen wäre.
Fazit
Eigene Grüntee-Stecklinge zu ziehen ist nicht so einfach wie es aussieht. Ich werde es aber nochmals versuchen, da es Spass macht und ich zuversichtlich bin, dass es früher oder später klappen wird. Beim nächsten Versuch werde ich primär folgende Dinge optimieren:
höheres Gewächshaus mit besserer Möglichkeit zur Feuchtigkeitsregulierung
Erdmischung (Aufzuchtserde oder 50/50 Sand/Erde nehmen)
Höhere Luftfeuchtigkeit (initial 100 %, nachher ca. 70-80 %)
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